Trumps aggressive America-First-Politik, Putins autokratische Herausforderung, der Brexit, der das europäische Integrationsprojekt in Frage stellt. Was heißt das für Europa, für Deutschland, für uns in Bayern? Wie kann eine neue europäische Perspektive aussehen? Diesen Fragen ging Prof. Dr. Ralf Roloff am Dienstag im Grainauer Kurhaus nach. Fast 100 Zuhörer folgten der Einladung von BfG Bürger für Grainau zu einem hochinteressanten Vortrag.

Prof. Dr. Ralf Roloff ist stellvertretender Dekan für Residenzprogramme am George C. Marshall Center. Der Experte für internationale Sicherheit, europäische Integration und europäische Sicherheitspolitik zeigte scharfsichtig die politischen Einflussfaktoren auf, die die Idee eines vereinten Europas infrage stellen. Auf brillante Weise spannte er einen Bogen von der veränderten amerikanischen Außenpolitik über die nicht erfolgte wirtschaftliche und soziale Modernisierung Russlands bis hin zur Abkehr von der europäischen Idee und einer inneren Spaltung, wie sie sich im Brexit ausdrückt. Er diagnostizierte einen Mangel an politischem Willen zur Einigkeit, aus dem eine geteilte Solidarität resultiert. Eine Chance für Europa sieht der Politikwissenschaftler Roloff darin, wieder zu einer gemeinsamen Solidarität zu kommen – z. B. auf den Gebieten Sicherheit, Handel, Energie und Einwanderung.

„Wo sind die Europäer?“, diese Frage verknüpfte er mit einem Plädoyer, die Europa-Wahl als das zu sehen, was sie ist: Eine Wahl für die Zukunft Europas. Eine Rückkehr in die Politik des 19. Jahrhunderts mit souveränen Einzelstaaten sei der falsche Weg. Vielmehr gilt es, das Projekt Europa neu zu erfinden, neu zu definieren.

Wie sehr das Thema Europa bewegt, wurde auch an den vielen Diskussionsbeiträgen und Fragen an Prof. Dr. Roloff deutlich. BfG-Vorsitzender Hannes Vogelmann zeigte sich sehr erfreut über den gelungenen politischen Abend, der den interessierten Teilnehmern viele neue Aspekte und fundierte Hintergrundinformationen lieferte.